Im Reich der Anopheles - Eine Geschichte von Flüssen, Gras und Salz

11. März bis 21. März

Nach unserem heutigen Besuch im Chobe National Park ist der Tag weit fortgeschritten und wir brauchen einen Übernachtungsplatz. Direkt hinter der namibisch-botswanischen Grenze soll rechter Hand das Chobe Camp liegen. Die Anfahrt zum Campingplatz erweist sich als ungeplantes Abendteuer. Weite Teile der Strecke sind überschwemmt und daher schwer passierbar. Rund um die Wasserdurchfahrten haben sich viele Alternativpisten gebildet und so kommt es, dass wir bald nicht mehr wissen in welcher Richtung das Camp liegt. Offensichtlich ist die Piste, auf der wir uns befinden nicht die Richtige, denn sie endet inmitten einer kleinen Ansammlung von Hütten. Wir fragen nach dem Weg, was uns aber auch nur begrenzt weiter hilft. Der junge Mann zeigt ins offene Feld und meint dort sei das Camp. Also suchen wir weitere Pisten in dieser Richtung. Vor einem großen Wasserloch kommen wir zum Stehen. Papa flucht über den Sprechfunk wie ein Rohrspatz. Er kann dem Offroadfahren keinen Reiz abgewinnen. Aus einer anderen kleinen Siedlung kommt eine Horde Kinder auf uns zu. Sie bieten an uns zum Camp zu führen, rennen los und winken uns zu sich. Ein paar von ihnen haben alte, verschlissene T-Shirts mit der Aufschrift „Chobe Camp“ an, weshalb ich ihnen folge. Papa flucht. Vor uns rennen zwei Mädchen und ein kleiner Junge, höchsten 4 Jahre alt. Rechts und links flankieren uns jeweils zwei bis vier weitere Kinder. Wie viele Kinder hinter uns sind erfahre ich erst später von meinen Eltern. Drei Jungs seien hinten auf das Auto gesprungen und wären dort mitgefahren, einer sei sogar auf das Dach geklettert. Obwohl ich unterwegs mehrfach daran zweifle, kommen wir bald im Chobe Camp an. Das war ein ordentliche Strecke und ich bin tief beeindruck wie fit die Kids zu Fuß sind. Anschließend ist es erstaunlich schwer ein paar Kekse und Cracker fair an unsere Guides zu verteilen, doch es gelingt uns halbwegs.
Wir verbringen einen ruhigen Abend in dem gepflegten Camp direkt am Fluss und fragen uns, ob wir je wieder auf die Hauptstraße zurück finden werden. Zu recht, wie sich am nächsten Morgen zeigt. Wir sind keine 500m weit gekommen, als ich mich in einer Pfütze schwarzen Morasts festfahre. Er stinkt bestialisch. Kerstin unterstellt mir für diesen lieblichen Duft verantwortlich zu sein, doch es ist der Schlamm in dem wir stecken. Ehrlich! In solchen Momenten ist es immens praktisch nicht allein unterwegs zu sein. Eine gute halbe Stunde schaufeln wir Schlamm beiseite, legen Grasbüscheln unter die Reifen und bringen das Auto meiner Eltern in Position um uns rauszuziehen. Fast hätte auch mein Vater sich bei der Rettungsaktion festgefahren, doch er bekommt noch die Kurve. Glück gehabt. Dann sind wir frei. Total verschlammt aber frei.
Festgefahren in stinkender Schmierseife
Die nächsten beiden Tage verbringen wir in der Zambezi River Lodge in Katima Molilu (Das Restaurant dort ist nicht zu empfehlen). Von Pause ist jedoch keine Spur. Wir haben Unmengen Wäsche und versuchen vergeblich das klamme Innere unsers Autos trocken zu legen. Der idyllische Ausblick auf den Fluss wird während des Sonnenuntergangs bilderbuchhaft und entlohnt uns etwas für die Arbeit. Als zusätzliche Belastung wird meine Allergie mit jedem Tag schlimmer, also beschließen Kerstin und ich in der Stadt ein paar Medikamente zu besorgen. Fast eineinhalb erlebnisreiche Stunden verbringe ich in der Apotheke ohne meinem Ziel wirklich näher zu kommen. Erst als ich meinen Arztausweis hervorhole geht es auf einmal doch ganz schnell. Kerstin hat sich derweil auf dem Marktplatz in einer kleinen Garküche mit Essen versorgt. Hier gibt es leckeres Fleisch und Pap (eine Art Maismehlkloß) für kleines Geld. Wir genießen es unter den Einheimischen zu sein ohne an jeder Ecke das Gefühl zu haben vielleicht verarscht zu werden.
Handwäsche mit Blick auf den Sambesi
Kerstins Mut wird belohnt
Sonnenuntergang am Sambesi
Die nächsten Tage dümpeln so dahin. Die Landschaft erinnert mit den vielen kleinen Dörfern an Zentralafrika. Überall laufen unzählige Kinder an der Straße entlang und wir kommen aus dem Winken gar nicht mehr raus. Die folgende Nacht verbringen wir in der Nunda River Lodge. Der Campingplatz liegt traumhaft am Ufer des Okavango. Während des Abendessens können wir die Flusspferde am gegenüberliegenden Ufer beobachten.
Abendessen mit den Hippos
In unmittelbarer Nähe zum Camp sind die Popa Falls, wo wir am nächsten Morgen kurz Halt machen. Für etwas mehr als 2€ pro Person dürfen wir an die Fälle sehen und wundern uns jetzt nicht mehr wieso sie im Reiseführer auch wenig schmeichelhaft Popelfälle genannt werden. Der Okavango hat hier ein paar Stromschnellen mehr nicht.
Die "Wasserfälle" des mächtigen Okavango
Unsere Reise führt uns über Rundu nach Grootfontain. Hier nächtigen wir im schönen Maori Camp. Der anfangs sehr sonderbar anmutende deutsche Besitzer verkauft alles was man brauchen könnte und das zu fairen Preisen. Später erzählt er der erste Teilnehmer bei RTLs „Goodbye Deutschland“ gewesen zu sein. Ein Stück nördlich von Grootfontain ist vor etwa 80.000 Jahren ein Meteorit auf die Erde gestürzt und liegt dort bis heute. Angeblich soll es weltweit der größte Gesteinsbrocken aus dem All sein den man in seiner Gänze besichtigen kann. Obwohl es objektiv betrachtet nur ein nicht in die Umgebung passender Stein ist, sind wir alle ziemlich beeindruckt. Der Hoba-Meteorit wirkt sonderbar fremd und das Wissen, dass er vor Tausenden von Jahren aus dem All auf die Erde stürzte gibt ihm eine mystische Aura. Ich kann mir gut vorstellen, dass unsere Vorfahren ihn umtanzten und als göttlich verehrten.
Ein  Stück Weltraum auf der Erde
Im Norden Namibias werden wir irgendwie nicht wirklich glücklich. Meine Allergie setzt mich trotz stärkster Medikamente nahezu k.o. und die schwül-feuchte Hitze bekommt uns nicht. Außerdem sind wir im Malariagebiet und die Mücken nerven uns (obwohl es zugegebenermaßen nur sehr wenige sind). Bevor wir jedoch wieder nach Süden abdrehen, wollen wir noch in den Etosha National Park. Wir erwarten nicht viel, da wir bereits alle Tiere gesehen haben, die wir uns erhoffen konnten und hier die Chancen auf Tiersichtungen in der Regenzeit sowieso eher schlecht stehen. Innerhalb von zwei Tagen durchqueren wir den Etosha Park von Ost nach West. Stellenweise sehen wir große Herden Zebras, Gnus und Maßen verschiedenster Antilopenarten. Ab und zu zeigen sich weit entfernt ein paar Giraffen und auch ein einzelner Elefant lunzt schüchtern hinter einem großen Busch hervor. Lohnenswert wird die Fahrt aber vor allem durch die abwechslungsreiche Landschaft. Weite Graslandschaften, dichtes Buschland und bizarre Wälder umringen eine riesige, karge Salzpfanne. So fühlt sich unser Besuch im Etosha Park doch nach einem lohnenswerten Abstecher an als wir in verlassen.
Die Etosha Salzpfanne
Ein Kudu
Nicht nur wir suchen den Schatten
Reisetip: Das OppiKoppi Camp in Kamanjab ist wider erwarten einer der gepflegtesten Campingplätze, die wir in Namibia finden konnten. 110$ pro Person pro Nacht.

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